Mit Spannung und Sorge blickt die Welt auf Glasgow: Kurz vor der dort am Sonntag beginnenden UN-Klimakonferenz COP26 mehrten sich am Freitag eindringliche Appelle an die Staats- und Regierungschefs, klare Entscheidungen zu treffen, um die Klimakrise noch in den Griff zu bekommen. Papst Franziskus forderte "wirksame Antworten", um ein "konkretes Hoffnungszeichen" für künftige Generationen zu setzen. Ähnlich äußerten sich Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen.
"Die politischen Entscheidungsträger, die sich auf der COP26 in Glasgow treffen werden, sind dringend aufgefordert, wirksame Antworten auf die gegenwärtige Umweltkrise zu geben", sagte der Papst in einer vom BBC-Radio ausgestrahlten Botschaft. Er betonte zugleich, dass jeder Einzelne dazu beitragen könne, "die gemeinsame Antwort auf diese nie dagewesene Bedrohung des Klimawandels und den Verfall unseres gemeinsamen Hauses zu beeinflussen".
Die Naturschutzorganisation WWF erklärte, sechs Jahre nach der Pariser Klimakonferenz sei "der Wendepunkt in der Klimakrise immer noch nicht erreicht". Die COP26 werde "zum Lackmustest: Ernst gemeinte, ambitionierte Zusagen müssen auf den Tisch, Maßnahmen unmittelbar umgesetzt werden", forderte WWF-Klimaschutzexpertin Viviane Raddatz. Vor allem Deutschland und die EU hätten "eine enorme historische Verantwortung, die Klimakrise einzudämmen".
Amnesty International forderte die Bundesregierung auf, die Klimakrise auch als Menschenrechtskrise anzuerkennen. Der Klimawandel verstärke Ungleichheiten und Diskriminierungen und treffe einkommensschwache Staaten und marginalisierte Menschen besonders hart. "Besonders betroffene Länder müssen finanziell stärker unterstützt werden", forderte der Generalsekretär von Amnesty Deutschland, Markus N. Beeko.
Ähnlich äußerte sich die Hilfsorganisation Oxfam: "Die schwachen Klimaschutzziele der Länder, die unzureichende finanzielle Unterstützung für wirtschaftlich benachteiligte Länder und der Umgang mit Schäden, die der Klimawandel verursacht: Das sind die drei großen Baustellen der Weltklimakonferenz COP26", erklärte Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig.
Die Kinderrechtsorganisation Terre des Hommes appellierte an die Politik, künftigen Generationen eine intakte Umwelt zu hinterlassen. "Kinder sind von den Folgen der Klimakrise besonders betroffen, obwohl sie nicht dafür verantwortlich sind", erklärte Vorstandssprecherin Birte Kötter. Bislang spielten Kinder in nationalen Klimapolitiken keine große Rolle, dies müsse sich ändern.
Von Sonntag an verhandeln die Regierungen auf der Weltklimakonferenz darüber, wie sie die Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015 konkret einhalten können. Dieses sieht eine Begrenzung der globalen Erderwärmung auf deutlich unter zwei und möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter vor. Die Teilnahme zahlreicher Staats- und Regierungschefs ist für Montag und Dienstag geplant. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schaltet sich am Montag mit zwei Reden in die Klimakonferenz ein.
Die Bundesregierung will sich nach eigenen Angaben um Fortschritte vor allem in den Bereichen der Emissionsminderung und der internationalen Klimafinanzierung bemühen. Wichtig seien auch "erkennbare Fortschritte bei der Umsetzung von Klimaschutzzielen und der langfristigen Verpflichtung zur Treibhausgasneutralität bis spätestens 2050". Deutschland will dieses Ziel bereits 2045 erreichen.
Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth attestierte dem Kampf gegen den Klimawandel derweil bereits große Fortschritte. Zahlreiche Länder hätten sich zuletzt verpflichtet, bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral zu werden, sagte Flasbarth im ARD-"Morgenmagazin" und sprach von "einem großen Schritt weiter". Einzeln betrachtet hätten die Weltklimakonferenzen bislang - mit Ausnahme von Paris - keine großen Durchbrüche gebracht. Die COP26 sei ein Teil der "langen Wegstrecke" hin zu mehr Klimaschutz.
Ex-Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) sagte im Radioprogramm von SWR Aktuell, weltweit müsse bis zur Mitte dieses Jahrhunderts eine klimaneutrale Energieversorgung erreicht werden. Dafür sei vor allem nötig, "dass wir wieder eine Atmosphäre des Vertrauens, des wechselseitigen Vertrauens und der Zusammenarbeit bekommen", sagte der ehemalige Exekutivdirektor des UN-Umweltprogramms UNEP.
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