Hansi Flick umarmte dankbar Niclas Füllkrug, dann musste der Matchwinner nach seinem Tordebüt gleich zum TV-Interview. In einer schleppenden WM-Generalprobe hatte der Bremer Länderspiel-Neuling den lange fassungslosen Bundestrainer mit seinem späten Tor zum 1:0 (0:0) im Oman doch noch erlöst. Genau eine Woche vor dem WM-Auftaktspiel gegen Japan konnte die personell stark durchgemischte Fußball-Nationalmannschaft aber nicht für großen WM-Optimismus sorgen. Auch das Debüt von Jungstar Youssoufa Moukoko als viertjüngstem Nationalspieler verpuffte ziemlich wirkungslos. Der Teenager war bei seiner größten Chance im Pfostenpech.
Mehr Glück hatte Füllkrug, der in der 80. Minute genau das erledigte, wofür ihn Flick nominiert hat - einen späten Lucky Punch. «Am Ende freue ich mich, dass ich helfen konnte», sagte der Werder-Stürmer und mahnte, den schwachen Auftritt im Oman «realistisch» einzuschätzen. «Es war alles okay, es hat seinen Sinn erfüllt», sagte Coach Flick nach Schlusspfiff milde.
Der Bundestrainer hatte die letzte Partie vor dem Turnierstart in Katar zum großen Experimentierfeld gemacht und verzichtete auf Stammkräfte wie Jamal Musiala, Serge Gnabry und Niklas Süle wie auch auf ein Comeback von Rio-Held Mario Götze. Statt einem WM-Rhythmus ging es für Flick im gut gefüllten Sultan-Kabus-Stadion von Maskat, in dem die 25 564 Fans von einem Vorsänger leidenschaftlich animiert ihr Team feierten, um letzte Erkenntnisse. Und die fielen trotz des späten Siegtreffers überwiegend negativ aus.
Die Gruppengegner Japan, Spanien und Costa Rica müssen so vor Deutschland jedenfalls keine große Angst haben. Flick hat nach dem Einzug in das Turnierquartier Zulal Wellness Resort am Donnerstag im Endspurt der ohnehin kurzen Vorbereitung noch viel zu tun. Gegen Japan wird eine andere deutsche Startelf spielen. «Wir denken jetzt an Japan, wollen die ersten drei Punkte einfahren. Wir wissen, dass es eine schwierige Aufgabe wird», sagte DFB-Kapitän Manuel Neuer.
«Wir müssen den inneren Schweinehund überwinden. Jeder, der auf dem Platz steht, muss zeigen, dass er bereit ist für die WM», hatte Flick vor dem einzigen Test der ultrakurzen WM-Vorbereitung gefordert. Neben Länderspiel-Neuling Moukoko vier Tage vor seinem 18. Geburtstag durfte auch der zuletzt lange verletzte Außenverteidiger Lukas Klostermann von Beginn an ran. Der Leipziger hielt aber nur eine halbe Stunde durch, in der ihm die fehlende Spielpraxis anzumerken war.
Es dauerte bis zur 16. Minute, ehe die experimentelle DFB-Auswahl erstmals gefährlich vor dem Tor des Weltranglisten-75. auftauchte. Leon Goretzkas Pass fand Kai Havertz im Strafraum, Ibrahim al-Mukhaini im omanischen Tor parierte.
Viele Stockfehler und Abstimmungsprobleme machten es der deutschen Mannschaft schwer. Die Gastgeber zeigten mit guter Organisation und schnellen Kontern, warum sie nur knapp die Qualifikation für die WM verpasst hatten. Mehrfach wurde es vor Manuel Neuer bedrohlich, sehr zur Freude auch eines lautstarken omanischen Fans, der per Megafon blecherne Anfeuerungsrufe in den Nachthimmel schickte.
Während der Einpeitscher WM-Format hatte, fehlte Flicks Schützlingen die spielerische Linie und das Tempo. Ilkay Gündogan mühte sich um einen strukturierten Aufbau, fand aber kaum Anspielstationen. Im Sturmzentrum fehlte Moukoko meist die Bindung, über die Außenbahnen kam lange zu wenig.
Dem Bundestrainer passte das nicht. Durchgehend stand Flick an der vordersten Ecke seiner Coaching-Zone, stemmte die Hände in die Hüften und beobachtete das zähe Geschehen mit skeptischem Blick. In der ersten Trinkpause tauschte er dann den sichtlich ausgepumpten Klostermann gegen Armel Bella Kotchap aus.
Ein Führungstor gelang dem Favoriten bis zur Pause nicht. Einen Freistoß-Aufsetzer des fleißigen Leroy Sané lenkte al-Mukhaini mit Mühe zur Seite (31.). Als der bis dahin blasse David Raum eine erste gute Flanke in Omans Strafraum schickte, setzte Moukoko den Ball aus kurzer Distanz an den Pfosten (45.+1).
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