"Die Unverfälschten - Künstlergruppe Brücke"
Dokumentation, Deutschland, 2005 von Franz Deubzer.
Aufnahme: ARTE 20.06.2011.
Vier Architekturstudenten aus Dresden, alle um die 20 Jahre alt, fassen im Juni 1905 einen Entschluss: Sie wollen malen, aber nicht, wie man es an der Universität lernt, sondern spontan, impulsiv, ohne Rücksicht auf akademische Regeln und Gesetze und schon gar nicht auf den guten Geschmack.
Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff und Fritz Bleyl gründen eine Künstlergruppe, nennen sie "Die Brücke" und legen damit das Fundament für den deutschen Expressionismus, mit dem die moderne Kunst in Deutschland Einzug halten wird.
Die Dokumentation beschreibt die Entwicklung der Expressionisten-Gruppe "Die Brücke" von den Dresdner Anfängen, der fanatischen Verehrung van Goghs und der Orientierung an europäischen Vorbildern wie Munch oder Matisse über die Ausbildung eines eigenen Stils bis hin zur Übersiedlung der Maler nach Berlin und der Auflösung der "Brücke" im Mai 1913. "Die Brücke", das sind acht Jahre eigenwilligster Experimente, von kollektiven und individuellen Entwicklungsschüben durchsetzt, von Gleichgesinnten vorübergehend oder dauerhaft begleitet; so von Emil Nolde, Max Pechstein und Otto Müller. "Die Brücke" kann gleichgesetzt werden mit einem radikalen Aufräumen mit allem, was die Malerei und ihr Publikum bis dahin kannten.
Flüchtige Skizzen, verzerrte Formen, leuchtende Farben. Bilder, auf denen Wiesen rot und Gesichter grün sind und die helle Leinwand an vielen Stellen durchschimmert. Und immer wieder der nackte Mensch, im Atelier oder in freier Natur, laufend, schwimmend, tanzend. Ob im Kontrast der Komplementärfarben glühende Landschaften, minimalistische, plakative Holzschnitte oder spitzwinklige Berliner Großstadtszenen - nichts erinnert in diesen Bildern mehr an die Realität, wie sie das Auge wahrnimmt. Genau das bezwecken die Maler, sie wollen ihre Empfindungen, ihre Innenwelt zum Ausdruck bringen und nicht eine Wirklichkeit kopieren, die von der Fotografie inzwischen viel besser reproduziert wird.
"Die Brücke", das ist außerdem die Geschichte eines frühen Logos, einer Marke und ihres Marketings. Um sich einen Namen zu machen, suchen die Maler prominente Mitstreiter, veranstalten Ausstellungen, drucken Grafiken, Holzschnitte, Flugblätter und werben rund 70 passive Mitglieder, sprich Sponsoren, die einen festen Jahresbeitrag leisten.
Die Dokumentation illustriert darüber hinaus auch den zeitgeschichtlichen Hintergrund, mit Hilfe von Filmdokumenten, die um das Jahr 1910 entstanden sind: den Glanz und das soziale Elend der Großstadt, die letzten und lautesten Jahre des preußischen Wilhelminismus, die Theatralik eines Kaisers mit Federbusch und Pickelhaube, der huldvoll das Spalier seiner Untertanen abschreitet - Bilder, die die Kluft und den denkwürdigen Kontrast verdeutlichen zwischen einer Gesellschaft, die nach einem Jahrhundert fern und befremdlich wirkt, und einer Kunst, die kaum etwas von ihrer Kraft und Ursprünglichkeit eingebüßt hat.
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