Rauchschwaden, die sich zu Bildern formen - Blumen, die wie von Zauberhand im Zeitraffer wachsen -- Elefanten, die in Cocktailgläsern schwimmen -- fliegende Flöten, tanzende Glöckchen ... Nichts ist unmöglich in der neuen Zauberflöte an der Komischen Oper Berlin, die Intendant Barrie Kosky gemeinsam mit der britischen Theatertruppe »1927« inszeniert.
Als »eine Mischung aus Alexander Rodtschenko und Tim Burton, Charles Dickens und Fritz Lang, dem Stummfilm des beginnenden 20. Jahrhunderts und dem Comicroman des 21. Jahrhunderts« bezeichnete der Guardian die letzte Show von »1927«, und der Kritiker des Telegraph wollte noch Otto Dix, George Grosz, Buster Keaton und den amerikanischen Illustrator Edward Gorey hinzugefügt wissen.
Derlei Vergleiche aber geben nur eine ungefähre Ahnung von den ebenso eigenwilligen wie eigenartigen Fantasiewelten, die Suzanne Andrade und Paul Barritt, die künstlerischen Köpfe von »1927«, aus der Verbindung von Filmanimation und live agierenden Akteuren erschaffen. Eine riesige Hand packt eine Figur beim Kopf und lässt sie in endlose Tiefen fallen, Menschen rennen durch endlose, expressionistisch verzerrte Häuserschluchten, Schreie werden zu riesigen Buchstabengebilden -- die Shows von »1927« wirken wie zum Leben erweckte riesige Comic-Collagen.
Ihre Bildwelten sorgen für Begeisterung, und das weltweit: Mit ihren beiden Shows »Between the devil and the deep blue sea« und »The animals and children took to the streets« haben sie nicht nur zahlreiche Preise gewonnen, sondern sind um den halben Erdball getourt, von den Vereinigten Staaten bis Neuseeland, von Nigeria bis Südkorea. Ihre so besondere, immer wieder auch von Musik unterstützte Art des Geschichten-Erzählens verzaubert Menschen unmittelbar und über mögliche Sprachbarrieren hinweg.
Da scheint der Schritt zur Oper die logische Konsequenz. Und welches Stück würde sich besser anbieten als die seltsamste und gleichzeitig vielleicht fantasievollste aller Opern, Mozarts Zauberflöte? Und welcher Ort wäredazu geeigneter als gerade Berlin? Denn zu Recht bezeichnet der eingangs zitierte Kritiker des Telegraph Berlin als das heimliche »geistige Zuhause« von »1927«. 1927 ist eben nicht nur das Jahr des ersten Tonfilms in Amerika (The Jazz Singer mit Al Jolson), sondern auch das Jahr der Uraufführung von Fritz Langs Science fiction Klassiker Metropolis in Berlin, nur eines von vielen Beispielen der blühenden Filmkultur Berlins in den 1920er Jahren, die mit ihrer experimentellen Kreativität Maßstäbe für die weitere Entwicklung des Films setzte -- und das in den unterschiedlichsten Genres: Während Robert Wienes Das Cabinet des Dr. Caligari von 1920 und Friedrich Murnaus Nosferatu von 1922 als Prototypen des Horrorfilms gelten, präsentierte Lotte Reiniger 1923 mit Die Abenteuer des Prinzen Achmed den ersten abendfüllenden Animationsfilm der Filmgeschichte.
www.komische-oper-berlin.de
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