WELT-Reporter Steffan Wittmann berichtet aus Lwiw, nahe der ukrainisch-polnischen Grenze .
Nach mehr als einer Woche Krieg fliehen immer mehr Ukrainer aus ihrer Heimat - vor allem in die Länder der EU. Nach aktuellen Schätzungen der UN-Flüchtlingshilfsorganisation UNHCR sind weltweit bereits 1,5 Millionen Menschen vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine geflohen. «Dies ist nun die am schnellsten wachsende Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg», teilte die Organisation am Sonntag auf Twitter mit. Allein im ukrainischen Nachbarland Polen sind nach Angaben des Grenzschutzes seit dem Beginn des Kriegs rund 922 400 Flüchtlinge eingetroffen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lobte am Sonntag nach einem Gespräch mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die europäische Solidarität mit den Ukrainern. «Es ist gut und eben nicht selbstverständlich, dass alle EU-Staaten gemeinsam, schnell und unbürokratisch Kinder, Frauen und Männer aufnehmen», erklärte Scholz via Twitter. Es sei klar, dass Europa zusammenhalte. «Wir helfen gemeinsam denjenigen, die vor dem Krieg Zuflucht suchen. Und wir halten zusammen.»
Auch in Deutschland ist die Zahl der Flüchtlinge, die aus der Ukraine ankommen, am Wochenende weiter deutlich gestiegen. Die Hauptstadt Berlin kommt nach den Worten seiner Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) an seine Belastungsgrenze - sie fordert dringend Hilfe vom Bund.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums registrierte die Bundespolizei bis Sonntag deutschlandweit bereits 37 786 Geflüchtete aus der Ukraine - und damit fast 10 000 mehr als am Vortag. Ein Sprecher des Ministeriums wies aber darauf hin, dass die tatsächliche Zahl deutlich höher sein könnte, da die Daten der Bundespolizei nur einen Teil abbilden würden.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte angesichts der vielen Schutzsuchenden reguläre Kontrollen an den deutschen Grenzen zu Polen und Tschechien. Das Innenministerium erklärte bislang dazu lediglich, dass die Bundespolizei verstärkt «an den östlichen Binnengrenzen» kontrolliere, aber keine regulären Grenzkontrollen vornehme.
Die CDU mahnte indes eine bessere Koordination an. Nötig sei ein zentraler Krisenstab des Bundes, um die Verteilung der Flüchtlinge gerecht zu begleiten, erklärte etwa CDU-Chef Friedrich Merz am Samstag. Der Bund müsse auch zentrale Liegenschaften zur Verfügung stellen, um die Unterbringung in Turnhallen und Schulen zu vermeiden.
Um den Ukrainern in Deutschland und den anderen EU-Ländern möglichst unbürokratisch Schutz zu bieten, hatte die Europäische Union am Freitag erstmals eine Richtlinie für den Fall eines «massenhaften Zustroms» von Vertriebenen in Kraft gesetzt. Der Schutz für die Menschen aus der Ukraine gilt demnach zunächst für ein Jahr, kann aber um insgesamt zwei weitere Jahre verlängert werden. Ein langwieriges Asylverfahren ist nicht nötig. Die Schutzsuchenden haben unmittelbar das Recht auf Sozialleistungen, Bildung, Unterkunft sowie auf eine Arbeitserlaubnis.
Nach Einschätzung des Migrationsforschers Herbert Brücker könnte die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine bereits kommende Woche größer sein als die Fluchtbewegung in den Jahren 2015/16. «Im Laufe der kommenden Woche werden wir, sofern die dramatische Entwicklung anhält, die Schwelle von 2,4 Millionen Geflüchteten, also den gesamten Umfang der Fluchtmigration der Jahre 2015 und 2016 in die EU, übertreffen», sagte Brücker der «Rheinischen Post». «Noch nie sind seit den großen Vertreibungen am Ende des Zweiten Weltkriegs in so kurzer Zeit so viele Menschen geflohen.»
#Flüchtende #Ukraine #Polen
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