Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) – Diese Hilfsbereitschaft geht ans Herz – ans Herz des Mannes, dem nach einem schrecklichen Unfall im August auf einem Feld bei Rostock im Mähdrescher beide Beine amputiert werden mussten. Auf der Spendenplattform Gofundme sind mittlerweile mehr als 180 000 Euro für den jungen Landwirt (25) eingegangen. Jetzt äußert er sich zum ersten Mal.
Es sind Worte voller Hoffnung: „Liebe Spenderinnen & Spender, Helferinnen & Helfer, Kolleginnen & Kollegen, liebe Familie und Freunde: Nach meinem schweren Unfall bin ich inzwischen auf deutlichem Wege der Besserung und möchte Euch hier nun von Herzen für die wahnsinnige Unterstützung sowie Euren Rückhalt danken!“, schreibt der 25-Jährige. Und weiter: „Ich bin immer noch überwältigt von dem Ausmaß Eurer Anteilnahme.“
Es sind auch Worte voller Kraft. Denn trotz des Schicksalsschlages will der 25-Jährige nicht aufgeben, offenbar sogar wieder in der Landwirtschaft tätig sein: „Derzeit arbeite ich daran, mir mein altes Leben Stück für Stück zurückzuholen.“
Der Schwager des Verunglückten hatte unmittelbar nach der Amputation auf dem Feld bei Gofundme eine Spendenaktion ins Leben gerufen: Bisher haben mehr als 4500 Menschen insgesamt 181 380 Euro gespendet (Stand 7. September, mittags).
Von der Summe und dem Zuspruch ist der 25-Jährige überwältigt: „Eure Spenden sowie euer Rückhalt werden mich (...) sehr bei der Neugestaltung meines Wohn- und Lebensumfeldes unterstützen! Vielen Dank euch allen“, heißt es abschließend.
Das Protokoll des Mähdrescher-Unglücks
Der Landwirt ist bei einem Landgut bei Hohen Luckow (Landkreis Rostock) angestellt. Gemeinsam mit seinem gleichaltrigen Kollegen und einer 24-jährigen Erntehelferin (alle Deutsche) wollte er am Samstag, den 19. August, auf dem Acker in der Nähe des Betriebes die Ernte einfahren.
Am Steuer des Ein-Mann-Mähdreschers saß nicht das Unfallopfer, sondern der 25-jährige Kollege. Während der Umladung des Korns wurde ihm ein technischer Fehler angezeigt. Im Korntank war es zu einer Verstopfung gekommen. Der 25-Jährige, der später verunglückte, stieg aus seinem Mähdrescher aus, um das Problem zu lösen.
Ein Sicherheitsmechanismus sieht eigentlich vor, dass alle Maschinen automatisch gestoppt werden, sobald der Fahrer von seinem Sitz aufsteht. Das Trio entschied, dass die Erntehelferin (24) auf dem Fahrersitz Platz nehmen sollte, damit der Motor weiterlaufen konnte.
Die beiden Männer besorgten sich zwei Schaufeln, um das verstopfte Korn zu lösen. Dann stiegen sie gemeinsam bei laufendem Motor auf den sechs Meter hohen Mähdrescher.
Nachdem die beiden Landwirte auf die Maschine geklettert sind, bekam der eigentliche Mähdrescher-Fahrer einen Anruf. Er hielt inne und nahm das Telefonat an.
Das spätere Unfallopfer wollte die Verstopfung bereits alleine lösen, während sein Kollege telefonierte, und hatte mit der Reparatur begonnen.
In den Sekunden danach kam es zu Horror-Unfall!
Der 25-Jährige rutscht ab und fällt nach ersten Ermittlungsergebnissen in den halb vollen Trichter des Korntanks. Mit beiden Beinen gerät er in die Förderschnecke und wird bis zur Hüfte in den Mähdrescher-Arm hereingezogen.
„Alles muss sehr schnell gegangen sein. Es ist eher unwahrscheinlich, dass sein Kollege ihn da hätte rausziehen können“, sagt Polizeisprecher Florian Müller.
Das Unfallopfer erlitt extreme Schmerzen und schrie so laut, dass die Erntehelferin auf dem Fahrersitz die Schreie hörte. Sie kletterte vom Fahrersitz und stoppte so die Technik.
▶︎ 16.07 Uhr greift die Erntehelferin zum Telefon, wählt 112 und alarmiert die Rettungskräfte.
Keine zehn Minuten ist der Notarzt mit Rettungsteam vor Ort. Bis zum Eintreffen der ersten Einsatzkräfte haben die beiden Kollegen das Unfallopfer erstversorgt. Kurz darauf trifft auch die Feuerwehr vor Ort ein.
▶︎ 16.24 Uhr erreicht die erste Polizeistreife am Unfallort an. Sie wurde nach dem Notruf von der integrierten Rettungsleitstelle informiert.
Der Notarzt erkennt, dass er den eingeklemmten Landwirt nicht befreien kann und fordert Unterstützung nach.
▶︎ Gut eine Stunde nach dem Unfall wurde Top-Chirurg Prof. Clemens Schafmayer (48) informiert. Der trommelte sein Team (sechs Ärzte, eine OP-Schwester) aus dem Wochenende, flog im Rettungshubschrauber zum Weizenfeld.
Fast zwei Stunden dauerte die Not-OP, in der der Chefarzt dem jungen Landwirt beide Beine amputierte.
▶︎ Mit dem Abtransport des Unfallopfers gegen 18.54 Uhr in die Rostocker Uniklinik, zwei Stunden und 47 Minuten nach dem Notruf, rückten auch die Polizisten ab. Noch am selben Abend kam die Kripo zurück zum Unglücksort, um Spuren zu sichern und den Mähdrescher amtlich zu beschlagnahmen.
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