Die Mezzosopranistin Annelie Sophie Müller interpretiert hier, begleitet von Kilian Sprau, das Lied „ Ich liebe dich“ oder auch „Zärtliche Liebe“ WoO123 von Ludwig van Beethoven.
„Beglückt durch dich, beglückt durch mich“ , ist der Titel des Gedichtes von Carl Friedrich Wilhelm von Herrosee (1754–1821), einem Züllichauer Geistlichen. Ursprünglich komponierte Beethoven alle fünf Strophen des Textes, der von der lebenslangen (und darüber hinausreichenden) Verbundenheit zweier Liebender erzählt. Ein Manuskript von 1800 enthält aber die heutige Fassung, die eine und eine halbe Textstrophe zu einer durchkomponierten dreiteiligen Liedform zusammendrängt.
So zugänglich und schlicht sich „Ich liebe dich“ neben titanischen Werken wie einer dritten, fünften oder neunten Symphonie ausnimmt – Beethoven, Beherrscher der minuziös durchstrukturierten Form, verleugnet sich auch hier, in einer Kleinform von nur 40 Takten Dauer, keineswegs. So ist etwa der freundlich gleitende Rhythmus der Phrase, mit welcher der Mittelteil des dreiteiligen Lieds beginnt („Auch waren sie für dich und mich“), aus dem ersten Abschnitt übernommen („Noch war kein Tag, wo du und ich“); auch in der Reprise kehrt dieser Rhythmus wieder („Gott schütze dich, erhalt’ dich mir“). In der wohlproportionierten Anlage der drei Formteile hat man gar Bezüge zum Goldenen Schnitt entdecken können.* Einen Zug zur großen Geste weist im Übrigen die beinahe opernhafte Schlusspassage mit mehrfacher Textwiederholung auf („schütz’ und erhalt’ uns beide“) – man kennt das Prinzip aus größer angelegten Werken Beethovens, etwa dem bedeutenden Liederzyklus „An die ferne Geliebte“. Schließlich ist bei aller Freundlichkeit des Melos nicht zu vergessen, dass Beethovens Textauswahl tiefschürfende Themen anspricht: Mindestens so viel wie von Liebe ist von krisenhaften Lebenssituationen die Rede, von Sorgen, Kummer und Klagen.
So ist das Lied „Ich liebe dich“ ebenso köstlich wie kostbar, zugleich liebenswürdige Petitesse und wertvolles Kunstwerk von Meisterhand.
* So Ingeborg Pfingsten in einem Beitrag zur Publikation „Ludwig van Beethoven. Interpretationen seiner Werke“ (Laaber-Verlag, 3. Auflage 2009).
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