Geheimnisvolle Orte: Ramstein
SENDETERMIN (Folge 7)
Montag 13.08.18 | 23:30 Uhr | Das Erste
Ramstein gibt es zweimal. Die größte US-Luftwaffenbasis außerhalb der USA – und das rheinland-pfälzische Städtchen Ramstein, das der benachbarten Air Base den Namen gab. Hier, wo man von den amerikanischen Aufträgen und Konsumenten abhängig ist, weiß keiner ganz genau, was die Militärs treiben. Ramstein steht auch für eine Katastrophe, die sich tief in das deutsche Gedächtnis eingegraben hat. Vor 30 Jahren, am 28. August 1988, kamen bei einer Flugschau in Ramstein 70 Menschen ums Leben, mehr als 1.000 wurden verletzt.
Eine amerikanische Kleinstadt
Heute ist die Air Base abgeschottet, ohne Begleitung und Passierschein kommt niemand rein, der hier nichts zu suchen hat. Es ist eine amerikanische Kleinstadt, in der täglich mehr als 22.000 Menschen unterwegs sind. Wer hier lebt, in den sogenannten "housings" oder Kasernen, muss die Base nicht verlassen. Hier gibt es eine riesige Shopping Mall, Supermärkte, Restaurants, ein 360-Bettenhotel, Sportplätze und zwei Kirchen. Sogar ein eigenes Flugterminal für Passagiere aus Amerika. Was in den militärischen Anlagen stattfindet, ist noch mehr von der Außenwelt abgeschirmt. Was passiert in den Hangars und Trainingscamps, wozu sind die Satellitenanlagen da, was lagert in den Bunkern? Das weiß kaum jemand.
Für den Film aus der Reihe "Geheimnisvolle Orte" erhielt Autorin Anne Worst Zutritt zum zivilen Teil der Air Base und zu ausgewählten militärischen Komplexen. Zum Beispiel der 86th Aeromedical Evacuation Squadron, die im Ernstfall Verletzte und Verwundete aus Krisengebieten evakuiert. Und sie konnte einen jungen Soldaten in seinem Alltag begleiten und mit einigen Veteranen sprechen, die bis heute Ramstein treu geblieben sind.
Air Base und Region sind miteinander verwoben
Der Film bietet auch Einblick in die Geschichte der Air Base und zeigt, wie sich die Region am Rande des Pfälzerwaldes durch und mit den Amerikanern verändert hat. Angefangen von der "Nacht der Millionen", als innerhalb von wenigen Stunden Aufträge von 400 Millionen DM an deutsche Unternehmer vergeben wurden, um Kasernen, Verwaltungsgebäude, Wohnsiedlungen, ja ganze Flugplätze zu bauen. Dann kamen die GIs mit ihren Dollars in den Taschen. Es wurden Freundschaften und Ehen geschlossen, der amerikanische Lebensstil hielt Einzug. Auf den Flugtagen präsentierten die Militärs ihre neueste Kriegstechnik, in den amerikanischen Clubs boten sie ihren deutschen Gästen Cocktails, Jazz und Burger.
Auch als die Stimmung im Zuge von Vietnamkrieg und Studentenbewegung umschlug, blieben die Ramsteiner "ihren" Amerikanern gewogen. Zu sehr waren und sind Air Base und Region miteinander verwoben, vor allem wirtschaftlich. Zu den Friedensdemos in den 1980er Jahren kamen kaum Ramsteiner, und auch den Bürgerinitiativen gegen Lärmbelästigung oder den Drohnenkrieg bleiben sie heutzutage weitgehend fern – manche vielleicht aus Angst, ihren Job im Dienste der Amerikaner zu riskieren. Während in den Jahren seit dem Ende des Kalten Krieges immer mehr amerikanische Einrichtungen in Rheinland-Pfalz geschlossen worden sind, wird die Air Base Ramstein mit jedem Jahr größer.
Dem Film gelingt ein überraschender Blick hinter die Kulissen der Air Base Ramstein, der seit der Terrorattacke vom 11. September 2001 kaum noch möglich schien. Dabei konnte die Autorin auf bisher unveröffentlichtes Archivmaterial und Fotos aus dem Bestand der US Airforce zurückgreifen. Einige der Zeitzeugen sind zum ersten Mal bereit, vor eine Kamera zu treten und ihre traumatischen Erlebnisse zu schildern, die sie seit der Flugtagkatastrophe vom 28. August 1988 nicht mehr losgelassen haben.
Ein Film von Anne Worst
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