Eines der größten Beschaffungsprojekte der Bundeswehr droht sich zu verzögern und zu verteuern: Es geht um die geplante Beschaffung von F-35-Tarnkappen-Jets in den USA, bei der das Bundesverteidigungsministerium inzwischen erhebliche Risiken sieht. Dies geht aus einem vertraulichen Schreiben an den Haushaltsausschuss des Bundestags hervor, das der Nachrichtenagentur AFP am Sonntag vorlag. Das Ministerium beziffert die Gesamtkosten des Geschäfts darin auf knapp zehn Milliarden Euro - und warnt vor "zeitlichen Verzögerungen und Mehrkosten" wegen äußerst aufwändiger Vorbereitungsarbeiten.
Als Risikofaktoren nennt das Schreiben unter anderem den erforderlichen Umbau von Flugplätzen für die F-35, hohe Sicherheitsanforderungen des US-Verkäufers und mögliche technische Probleme bei der Zulassung der Kampfjets für den Flugbetrieb in Deutschland. Das geheime Schreiben ist eingestuft als "Verschlusssache - nur für den Dienstgebrauch". Es liegt AFP vor. Zuerst hatte die "Bild" daraus zitiert.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums kündigte gegenüber AFP eine "enge Abstimmung" sowie "die Klärung offener Fragen" mit dem Parlament an. Eine "intensive Risikoanalyse" sei Bestandteil aller Beschaffungsprozesse und solle mögliche Probleme "frühzeitig" identifizieren.
Nach AFP-Informationen soll es am Montagnachmittag ein Krisentreffen im Verteidigungsministerium mit den Haushälterinnen und Haushältern der Regierungsfraktionen geben. Dabei sollen die Probleme bei der F-35-Beschaffung zur Sprache kommen, verlautete aus Parlamentskreisen. Am 14. Dezember soll der Ausschuss dann eine Tranche der Kosten freigeben.
Dafür hat das Bundesfinanzministerium eine vertrauliche Beschaffungsvorlage für den Ausschuss erstellt, die auf erhebliche Risiken bei dem Projekt verweist. Bei diesen Risikowarnungen bezieht sich das Finanzministerium auf Einschätzungen aus dem Bundesverteidigungsministerium.
So sei fraglich, ob der für die F-35 erforderliche Umbau des Bundeswehr-Flugplatzes Büchel wie geplant bis 2026 abgeschlossen werden könne. Dieser Zeitplan sei "höchst ambitioniert", heißt es in dem Schreiben: "Mit zeitlichen Verzögerungen und zusätzlichem Finanzbedarf bis zur Fertigstellung der Infrastruktur muss daher gerechnet werden."
Zudem seien die Sicherheitsanforderungen der USA "aufwändig". Auch dies könne zu zeitlichen Verzögerungen und Mehrkosten führen.
Des weiteren sieht das Ministerium die Gefahr, dass die Zulassung für den Flugbetrieb der F-35 in Deutschland "nicht zeitgerecht möglich" sei, da erforderliche Unterlagen "nicht vorliegen oder auch aufgrund rechtlicher Vorgaben in Zukunft nicht zur Verfügung gestellt werden können". Der Flugbetrieb könnte dann "nur unter Einschränkungen aufgenommen werden", heißt es in der Vorlage.
Darüber hinaus weist das Verteidigungsministerium auf weitere Faktoren hin, die zu Preissteigerungen führen könnten: Inflation, Schwankungen beim Wechselkurs zwischen Euro und Dollar sowie steigende Produktionskosten. Die Gesamtkosten für den geplanten Kauf von 35 F-35-Jets beziffert es auf 9,99 Milliarden Euro. Das Geld soll aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr kommen.
In der Ampel-Koalition wächst die Sorge wegen der drohenden Verzögerungen. "Der Zeitplan für die Nachfolge des Tornados darf nicht in Gefahr geraten", sagte der FDP-Haushaltsexperte Karsten Klein der Nachrichtenagentur AFP. Er forderte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) auf, die Angelegenheit zur "Chefinnen-Sache" zu machen.
Die Union warf der Regierung "Chaos bei der Beschaffung" vor. "Eine Vorlage von solcher Bedeutung, die Fragen zur Umsetzung offen lässt, ist nicht akzeptabel", sagte Fraktionshaushälter Christian Haase (CDU) zu AFP.
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