Befangen gegen Antisemitismus — Diskussion eines Szeneproblems
Vortrag und Diskussion mit Tom Uhlig und Tara Falsafi (08.10.2021)
Ankündigungstext:
Linksradikale Gruppen tun sich häufig schwer, sich deutlich gegen zeitgenössische Formen von Antisemitismus, insbesondere israelbezogenen zu positionieren. Das Ressentiment verschleiert sich heute öfter als dass es sich geradeheraus artikuliert. Einerseits um von außen nicht angreifbar zu sein, andererseits aber auch um sich selbst einreden zu können, in Wahrheit „nichts gegen Juden“ zu haben. Das Feuilleton geht dieser Bagatellisierung immer wieder zur Hand, indem es handfeste Antisemitismusvorwürfe regelmäßig in Debatten um die Grenze zwischen „legitimer Israelkritik“ und Antisemitismus transformiert. Statt antisemitische Karikaturen zu skandalisieren, wird über die Freiheit der Kunst gesprochen, statt Relativierungen der Shoah eine Absage zu erteilen, diskutiert man über den Vergleich als wissenschaftliche Methode. Die Verschiebung gelingt, weil Antisemitismus subjektiviert, zu einer Frage der Sprechorte und persönlicher Befindlichkeiten gemacht wird. Verbunden mit einem Intentionalismus, der den Hass auf Jüdinnen und Juden nur zu erkennen vermag, wo er seine Absicht offen bekennt, mündet diese Haltung in politischer Ohnmacht, Indifferenz und Verharmlosung.
Auch Linke können davon affiziert werden. Während Menschen vor Synagogen demonstrieren und antisemitische Parolen brüllen, verzettelt man sich im Streit um Deutungs- und Diskursmacht.
Immer wieder geraten nun sich progressiv wertende antifaschistische Kräfte in vorgebliche Dilemmata: Was tun mit Menschen, die von Rassismus betroffen sind und sich positiv zu islamistischen Terrorattacken äußern, nicht nur aber gerade auch im Bereich Social Media? Wie äußert sich Antisemitismus bei rassifizierten Menschen, deren Familie aus der MENA Region geflohen und eingewandert sind und wie sollte ein Umgang aussehen, der konsequent ist ohne von linker Seite in ein rechtes Narrativ zu verfallen?
Tara Falsafi ist Publizistin und studiert soziale Arbeit. Ihre Kernthemen sind Antifaschismus, Islamismus, Deutschrap und Feminismus.
Tom Uhlig hat u.a. Psychologie studiert, ist politischer Referent in Frankfurt und Mitherausgeber der Zeitschrift für psychoanalytische Sozialpsychologie „Freie Assoziation“ sowie der „Psychologie und Gesellschaftskritik“. 2019 veröffentlichte er mit Eva Berendsen und Katharina Rhein „Extrem Unbrauchbar. Über Gleichsetzungen von links und rechts“ (Verbrecher Verlag).
Die Veranstaltung wurde organisiert von der Antifaschistischen Gruppe CGN und dem Bündnis gegen Antisemitismus Köln
Ещё видео!