František Kocourek gehörte zu den profiliertesten tschechoslowakischen Journalisten der Vorkriegszeit. Um die Jahreswende 1934/35 berichtete er aus dem Saargebiet kurz vor der Volksabstimmung und auch von dem Wiederanschluss an das Deutsche Reich, was damals den freiwilligen Eintritt der Saarländer in die Nazidiktatur bedeutete. Kocoureks Reportagen sind ebenso kenntnisreich wie lebendig. Es kommen saarländische Stimmen zu Wort, ebenso auch Vertreter der internationalen Polizeitruppe des Völkerbunds, die zur Überwachung der Volksabstimmung an der Saar eingesetzt wurden. Besondere Aufmerksamkeit erhält dabei das tschechoslowakische Kontingent. Seine deutlich demokratische und antinationalistische Grundhaltung, die bei aller journalistischen Zurückhaltung seine Texte durchzieht, nötig noch heute Respekt ab. Der Radiojournalist konnte seine Reportagen damals noch nicht über eine Fernleitung vortragen und so wurden seine Manuskripte mit dem Flugzeug, das täglich vom Flugfeld auf den St. Arnualer Wiesen Richtung Prag startete, in die tschechoslowakische Hauptstadt gebracht und dort im Radio verlesen. Nach der Zerschlagung der so genannten „Resttschechei" geriet Kocourek schnell ins Visier der deutschen Besatzung, wurde verhaftet und starb im Konzentrationslager Ausschwitz, von Krankheit und Auszehrung entkräftet.
Die Übersetzung von Raija Hauck und die herausgeberische Betreuung von Alena Wagnerová erschließen eine bisher im Saarland unbekannte Quelle zur Geschichte des Landes und einen Werkausschnitt eines Humanisten in dunkler Zeit.
Die Ausgabe wird ergänzt durch einen auf Tschechisch erschienenen Text zur Saarfrage von Stefan Heym und ein Nachwort von Erich Später.
im Rahmen der Literaturtage im Saarland vom 03. bis 13. Juni 2021 & in Kooperation mit der Heinrich Böll Stiftung Saarland
Referentin:
Dr. Alena Wagnerová
aus dem mährischen Brno/Brünn stammende und seit 1969 in Saarbrücken und Prag lebende deutsch-tschechische Schriftstellerin, Kulturpublizistin und Oral-Historikerin, promovierte Biologin und Pädagogin. Sie beschäftigt sich in ihrer literarischen wie auch publizistischen Arbeit systematisch mit der Kultur und Geschichte Mitteleuropas, den deutsch-tschechischen Beziehungen und der Stellung der Frau in der modernen Gesellschaft. In diesem Zusammenhang veröffentlichte sie Bücher über Franz Kafka und seine Familie, Milena Jesenská, Sidonie Nádherná und weitere Persönlichkeiten des alten Mitteleuropa. In den Jahren 2004 bis 2007 leitete sie den oral-historischen Teil der Dokumentation der tschechischen Regierung: „Schicksale deutscher NS-Gegnern aus den Sudeten." Für ihr Engagement für die deutsch-tschechische Verständigung wurde sie 2005 mit dem Pelikán Preis der Zeitschrift Listy, 2017 mit dem Preis Gratias agit des Außenministerium der ČR und 2019 mit dem Sonderpreis des Deutsch-tschechischen Zukunftsfond ausgezeichnet. Zu ihren Publikationen zählen u.a. „Das Leben der Sidonie Nádherný" (dt. 2003), „Was hat ein Tscheche im Elsaß zu suchen" (2007) oder „Helden der Hoffnung – die anderen Deutschen aus den Sudeten 1935-1989" (dt. 2008, Hg.).
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