Nach wochenlanger Blockade haben gut 260 ukrainische Soldaten das Asow-Stahlwerk in Mariupol verlassen. Darunter waren 53 Schwerverletzte, wie der ukrainische Generalstab in der Nacht zum Dienstag mitteilte. Fast zeitgleich mit der Evakuierung gab es erneut einen russischen Luftangriff bei der Großstadt Lwiw im Westen der Ukraine.
Gefangenenaustausch für Evakuierte aus Azovstal geplant
211 der aus dem Stahlwerk Azovstal evakuierten ukrainischen Soldaten wurden in eine von russischen Truppen besetzte Ortschaft gebracht. Sie sollten später in einem Gefangenenaustausch freikommen, hieß es. An der Evakuierung weiterer Kämpfer aus dem Werk werde noch gearbeitet. Auf dem Gelände sollen sich noch mehrere Hundert Soldaten aufhalten. Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar betonte, ein Freikämpfen von Azovstal sei nicht möglich gewesen. Von russischer Seite wurde ein geplanter Gefangenenaustausch bislang nicht offiziell bestätigt. Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor lediglich von einer Feuerpause für die Evakuierung gesprochen.
Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in seiner Videoansprache, die Ukraine brauche ihre Helden lebend. An der Evakuierung der Soldaten seien unter anderem auch das Internationale Rote Kreuz und die Vereinten Nationen beteiligt gewesen.
Die Hafenstadt Mariupol war bereits kurz nach dem russischen Einmarsch im Februar eingekesselt worden. Die strategisch wichtige Großstadt war heftigen Bomben- und Raketenangriffen ausgesetzt. Experten und ukrainische Behörden gehen von Tausenden Toten in der Zivilbevölkerung aus. Die russischen Truppen übernahmen nach der Belagerung schrittweise die Kontrolle. Die letzten ukrainischen Verteidiger der Stadt verschanzten sich jedoch in dem riesigen Stahlwerk mit mehreren unterirdischen Etagen.
Die russischen Truppen riskierten keinen Erstürmungsversuch, riegelten aber alle Zugänge ab. «Blockiert diese Industriezone so, dass nicht einmal eine Fliege rauskommt», wies Kremlchef Wladimir Putin sein Militär vor laufender Kamera an. Das Gelände wurde immer wieder bombardiert. Hunderte Zivilisten, die vor vorrückenden russischen Truppen ebenfalls ins Stahlwerk flüchteten, waren bereits in den vergangenen Tagen vom Werksgelände evakuiert worden.
Über den Abzug der Soldaten, die kaum noch Vorräte und Wasser hatten, wurde lange verhandelt. In der Ukraine gab es auch Vorwürfe an die Regierung in Kiew, sie habe die letzten Verteidiger Mariupols im Stich gelassen.
Erneut Raketenangriff bei Lwiw
Das Gebiet um die Großstadt Lwiw in der Westukraine wurde erneut Ziel eines Luftangriffs. Die Attacke habe einer Militäreinrichtung im Bezirk Jaworiw an der Grenze zu Polen gegolten, schrieb der lokale Militärchef Maxim Kosizkij bei Telegram. Bürgermeister Andrij Sadowij betonte, es gebe keine Informationen über Raketeneinschläge in der Stadt und bedankte sich bei der Luftabwehr. Mitte März hätte ein russischer Luftangriff den Truppenübungsplatz in Jaworiw getroffen, dabei wurden nach ukrainischen Angaben 35 Menschen getötet. In Jaworiw hatten in den vergangenen Jahren ukrainische Soldaten mit westlichen Ausbildern trainiert.
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