Seit den 1970er-Jahren prägen Junkies, Kleinkriminelle und Prostituierte das Bild im Frankfurter Bahnhofsviertel. Kurzzeitig konnten Hilfsangebote das Elend eindämmen, doch mittlerweile ist die Situation unerträglich geworden - für alle Beteiligten.
Es sei für Außenstehende sicher befremdlich, sagt Wolfgang Barth. Aber man müsse das sehen, wenn man die Frankfurter Drogenpolitik verstehen wolle. In den Konsumräumen des Drogenzentrums dürfen Abhängige sich unter Aufsicht Heroin spritzen, das sie mitgebracht haben. Die Utensilien bekommen sie gestellt. Sie alle sind schwer drogenabhängig. Schnell wird klar, hier geht es nicht an erster Stelle darum, diese Menschen von den Drogen wegzubekommen.
"Es findet kein Konsum mehr auf der Straße statt, es findet hier unter hygienischen Bedingungen statt. Und es sei auch gewährleistet, dass im Falle einer Überdosierung im Notfall sofort geschultes Personal bereit stehe, sagt Wolfgang Barth, Leiter des Drogennotdienstes Frankfurt. Barth arbeitet seit 33 Jahren in der Drogentherapie.
Draußen vor der Tür sieht die Welt ganz anders aus. Hier im Bahnhofsviertel zu drehen, ist nur mit versteckter Kamera möglich. Das Misstrauen bei den Drogenabhängigen ist groß. Es gibt aber auch einige, die in ihrem Rausch nichts bekommen. Viele sagen, dass sich die Lage nach 2 Jahren Corona-Lockdown deutlich verschärft hat. Das sehen auch Gastronomen und Anlieger der Gegend um den Bahnhof.
Viele Abhängige rauchen hier Crack auf der Straße. Die Droge ist billig, macht sofort abhängig, verlangt ständig nach Nachschub. Süchtige direkt vor seinem Restaurant, das erlebt Gastronom James Ardinast jeden Tag. Für ihn ist die Drogenpolitik der Stadt gescheitert. Der sogenannte "Frankfurter Weg" sah vor, die Süchtigen von der Straße zu holen. Das Gegenteil aber sei der Fall.
"Es gibt immer noch die Heroinkonsumierenden, aber es sind hauptsächlich die Crackkonsumierenden. Die Menschen, die süchtig eben nach Crack sind. Crack ist eine Droge, die die Menschen aggressiver macht und dadurch verändert sich auch das Flair auf der Straße.
Und zurzeit wirkt es einfach so, als wäre man recht ratlos. Das explodiert", sagt Ardinast.
Heroinkonsumenten gibt das Methadonprogramm Hoffnung. Die Abhängigen bekommen dieses Ersatzmittel, das sie wegbringen soll vom gefährlichen Heroin. Man könne nicht erwarten, dass sie alle abstinent werden, sagt Arzt Michael Schmidt. Das wäre ein völlig unrealistisches Ziel. Wir versuchen sie zu stabilisieren, körperlich und vor allem sozial, dazu gehört auch die Sozialarbeit. Methadon ist nur ein Türöffner für die ganze Therapie. Und wenn wir das geschafft haben, die zu stabilisieren, versuchen wir die Leute weiter zu vermitteln, und hier aus dem Bahnhofsviertel weg zu bringen."
Kritiker werfen der Stadt Frankfurt vor, die Zahl der Drogentoten steige wieder und man habe keinen Plan, das Problem in den Griff zu bekommen. Stefan Majer, der Gesundheitsdezernent der Stadt, weist solche Vorwürfe zurück. Das Geld für die Drogenhilfe sei von 6 auf 11 Millionen Euro erhöht worden. Er glaubt aber, dass die Polizei mehr machen müsse.
"Wir haben eine Hilfseinrichtung, die hat eine offene Tür. Wir haben Übernachtungsangebote, die in Anspruch genommen werden können. Aber auf der anderen Seite muss stehen, dass auch die Ordnungsbehörden sagen: und hier ist Schluss. Und es gibt nicht nur das Recht eines Drogenabhängigen sondern es gibt auch das Recht der anderen", sagt Majer.
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