Die Preise im Lebensmittelhandel sind hart umkämpft. Discounter bieten sich extreme Preiskämpfe, wodurch Lebensmittel zu günstig verkauft werden - auf Kosten von Klima, Tierwohl und Bauern. Aber was sind Verbraucher wirklich bereit zu zahlen? Welchen Anteil haben ALDI, LIDL & Co. an dem Problem? Und was bedeutet der Preiskampf für Molkereien und landwirtschaftliche Betriebe? Die Kontrovers Story über den Kampf um billige Lebensmittel ...
Umweltfolgekosten – das Experiment
In Kooperation mit der Uni Augsburg hat der Discounter Penny die Umweltfolgekosten einiger Produkte berechnen lassen – einbezogen sind dabei die tatsächlichen Ausgaben für Klimagase, Energie und Landnutzung. Normalerweise zahlt die Allgemeinheit diese Kosten an anderer Stelle, zum Beispiel bei der Aufbereitung von durch Düngemittel belastetem Trinkwasser.
Penny möchte mit der Aktion auf das Thema Umweltkosten aufmerksam machen. Doch wie reagieren die Verbraucher? Das BR-Politikmagazin Kontrovers will wissen, ob sie bereit sind, für mehr Tierwohl und die Einhaltung von Umweltstandards auch mehr zu bezahlen. Und startet ein Experiment.
Hackfleisch für acht Euro?
Am Tag des Experiments kostet ein Liter H-Milch 1,84 Euro, Bio-Mozzarella 1,16 Euro und etwas Hackfleisch fast acht Euro. Die höheren Preise stoßen auf geteiltes Echo. Das Fazit nach einem Tag am "Sonderverkaufsstand": Für einen kleinen Aufschlag bei Milch und Mozzarella zeigten viele Kunden Verständnis. Die Preisgestaltung für Fleisch und Gouda-Käse ging den meisten aber zu weit. Immerhin: Insgesamt bezahlt knapp die Hälfte der Befragten mehr bei dem Experiment.
Investitionen in Haltungskosten
Am Anfang der Lebensmittelproduktionskette stehen Erzeuger, wie z.B. Martin Stadler in Aying. Er verkauft pro Jahr 600.000 Liter Milch. Der Verdienst sei nicht gut: Aktuell erhält er 42 Cent pro Liter. "Die Kosten laufen uns momentan davon. Also die Preise für Dünger, Energiekosten, alles steigt. Man weiß eigentlich nicht wirklich, wie man das Ganze am Laufen halten soll, wenn das so weitergeht", klagt der Landwirt.
Zudem haben sich das Bewusstsein und die Ansprüche an die Nahrungsmittelproduktion in den letzten Jahrzehnten verändert. Vor kurzem hat der Handel bei der Milch Haltungsstufen von eins bis vier eingeführt. Je nachdem wie die Kühe aufgezogen und gehalten werden, werden die Landwirte für die Milch bezahlt. Doch für eine bessere Haltungsstufe müssen viele Landwirte erst wieder Geld investieren.
Zurück zu Penny. Andreas Krämer ist dort Pressesprecher. Er betont die Preissensibilität der Kunden und dass die Konkurrenz unter den vier Marktführern im Handel – Edeka, die Rewe-Gruppe mit Penny, Lidl und Aldi – riesig sei. Schon bei geringen Preiserhöhungen gingen die Kunden sofort zum Mitbewerber..
Die Preisverhandlungen laufen zwischen den Molkereien und den Discountern. Eine Person, die für eine Molkerei die Preise mit den Einzelhändlern verhandelt, berichtet über Erfahrungen dabei: Die Molkereien stünden unter Druck, weil viele Waren verderblich sind und bei ergebnislosen Verhandlungen große Verluste drohen. Die Einkäufer der Handelsriesen seien bestens geschult, würden alles mitschreiben und im Zweifelsfall gegen die Molkereien verwenden.
Susanne Glasmann vom Verband der Bayerischen Privaten Milchwirtschaft hält die Schilderungen für glaubwürdig. Für die Molkereien drohe immer das Szenario, bei der nächsten Verhandlungsrunde kein Angebot mehr abgeben zu dürfen. "Das kann dann zwei, drei Jahre dauern bis man als Molkerei wieder ein Angebot abgeben darf", erklärt Glasmann.
Verhandlungen auf Augenhöhe gefordert
Die Verhandlungen seien hart, das gibt man auch bei der REWE-Gruppe zu. Überharte Methoden weist Andreas Krämer von Penny aber von sich: "Da werden sehr viele Horrorszenarien gemalt. Wir versuchen immer, ein ordentliches, partnerschaftliches Verhältnis mit unseren Lieferanten zu haben. Schlicht und ergreifend deshalb: Wir haben überhaupt gar kein Interesse daran, dass es unseren Lieferanten in irgendeiner Weise finanziell schlecht geht, weil am Ende des Tages würden sie eventuell als Lieferant ausfallen."
Auf Anfrage weisen auch Edeka, Lidl und Aldi die Kritik der unfairen Verhandlungspraktiken von sich. Landwirt Stadler wünscht sich für die Zukunft Gespräche und Verhandlungen auf Augenhöhe, Planungssicherheit und höhere Preise für seine Milch. Der Vertreter von Penny, Andreas Krämer, wünscht sich mehr offene Bauernhöfe und Transparenz, um bei den Verbrauchern für Akzeptanz von höheren Preisen zu werben.
Autor: Robin Köhler
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