Nach Schätzungen gelangen mehr als zehn Millionen Tonnen Plastikmüll jährlich in die Weltmeere. Auch in Nordsee und Ostsee befinden sich mittlerweile gigantische Müllmengen. Von der Verschmutzung sind die Bewohner im Norden ganz unmittelbar betroffen, umso mehr, als sie Nord- und Ostsee als Erholungsort schätzen. "Die Nordreportage" begleitet Menschen, die gegen die Verschmutzung der Meere und Küsten kämpfen.
Forschungstaucher Hubert Pinto de Kraus birgt zusammen mit einer Gruppe von Freiwilligen Geisternetze aus dem Meer. Als Geisternetze bezeichnet man Fischernetze, die herrenlos im Meer treiben und für Vögel, Fische und auch die seltenen Schweinswale zu tödlichen Fallen werden. Bei den Einsätzen trägt de Kraus viel Verantwortung. Jeder Tauchgang birgt Risiken, denn nicht nur Fische und andere Meeresbewohner können sich in den Netzen strangulieren, auch die Taucher selbst können sich in den Netzen verheddern und im schlimmsten Fall zu Tode kommen.
Fischernetze sind Teil des Müllproblems, aber sie können auch Teil der Lösung sein. Im Rahmen des NABU-Projekts Fishing for Litter entsorgen Fischer ihren Müllbeifang kostenfrei in ihren Heimathäfen. Europaweit nehmen bereits 350 Fischerboote an dem Programm teil, in Schleswig-Holstein sind es knapp 80. Mehrere Tonnen Netze werden von ihnen jährlich aus Nord- und Ostsee geborgen. Projektleiter Nils Möllmann analysiert den gesammelten Müllbeifang und gewinnt daraus wertvolle Erkenntnisse über Strömungsverhältnisse und Herkunft des Mülls. So verfangen sich in den Netzen der Fischer immer noch Plastikblumen, Kinderspielzeug und Elektrogeräte, Überreste der Ladung der havarierten "MSC Zoe", die 2019 vor Borkum gesunken ist. Und als Folge der Corona-Pandemie finden sich FFP2–Masken in den Netzen der Fischer.
Nord- und Ostsee werden zudem von Altlasten aus den Weltkriegen bedroht. Denn nach den Weltkriegen wurde übrig gebliebene Munition einfach im Meer entsorgt. 1,6 Millionen Tonnen sollen es sein. Bislang wird das explosive Material nur punktuell geborgen. Auf Helgoland etwa räumen Kampfmittelbergungstaucher das Hafenbecken. Mit einem Magnetometer sucht Taucher Gunter Wulf nach metallischen Geschosshülsen. Dann legt er die verdächtige Stelle mit einer Spüllanze und 10 Bar Wasserdruck behutsam frei. Vom Granatsplitter über Panzerfäuste bis hin zu 500 Kilo schweren Fliegerbomben, Gunter Wulf muss mit allem rechnen. Taucheinsatzleiter Normen Günzlein und Steffen Rojewski überwachen die Arbeiten per Videolivestream. Findet Wulf Munition, entscheiden sie gemeinsam, ob das Kampfmittel geborgen werden kann oder das Risiko zu hoch ist. Zum Entschärfen müssen sie dann den staatlichen Kampfmittelräumdienst hinzuziehen.
Für eine systematische Bergung der riesigen munitionsbelasteten Versenkungsgebiete in Nordsee und Ostsee wäre diese Vorgehensweise viel zu aufwendig. Deshalb entwickeln die Wissenschaftler Sylvia Reißmann und Marc Seidel vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Tauchroboter, die den Meeresboden großflächig und autonom sondieren. Mit dem Forschungsschiff "Littorina" fahren sie dazu in die Kolberger Heide, einem munitionsbelasteten Gebiet in der Ostsee bei Kiel. Aus zehn Metern Tiefe überträgt der Tauchroboter Fotos vom Meeresgrund. Dort liegen große Mengen an Torpedos und Bomben. Viele Geschosshülsen sind verrostet und deformiert. Der giftige Sprengstoff ist bereits ausgewaschen und droht sich in der Nahrungskette anzureichern. Verschiedene Gefahren und Probleme, eine gemeinsame Mission: Nord- und Ostsee vom gefährlichen und schädlichen Müll befreien.
Mehr dazu: [ Ссылка ]
Weitere Dokus findet ihr in der ARD Mediathek:
[ Ссылка ]
Erstausstrahlung: 28. März 2023
#ndr #doku #meeresverschmutzung
Ещё видео!